Frust-das Sattelproblem

SQLAB vermarktet ja "Stufenkonzept" Sättel, nach dieser Idee:

csm_sit-fit-1_f265b3afe5.jpg


Das überzeugt mich jedoch nicht. Denn der große Gesäßmuskel arbeitet genau an der Außenseite der Sitzknochen. Da darf kein Sattel sein, sonst erzeugt das auf Touren recht unangenehme Schmerzen und stört die Blutzufuhr und den Tritt (der Muskel reibt dann immer über die Sattelkante). Außerdem lässt sich dann auch nicht so gut hin und her kippen auf dem Sattel.

Insgesamt ist es auch unangenehm, wenn zu viel Gewicht über die Sitzknochen getragen wird. Ich stehe daher eher auf das klassische Konzept. D.h. das Gewicht wird gleichmäßig verteilt zwischen Sitzknochen und Dammbereich. Der Sattel hat somit fließende, rundliche Form, keine Stufen, Huppel, Rillen oder Kanten an denen sich Druckstellen bilden bzw. die Muskeln reiben. Also das, was sich in den 80er bereits vielfach bewährt hat. Damals war wohl der Selle Royal Turbo 1980 der meistgefahrene Sattel bei den Radprofis:

selleitalia_turbo_09.jpg


An dieser Form lässt sich imho auch nicht relevant was verbessern und die ganzen Ideen mit Stufen, Höckern, Kerben usw. halte ich für Marketinggeklapper. Die Firmen werfen dabei gezielt Desinformation ("Werbung") in den Markt, um die Verkaufszahlen zu steigern.

Verbesserungspotential liegt imho in der Schale u.a. durch Einsatz von Carbon oder Titan, da lässt sich Gewicht sparen und das Flexverhalten optimieren. Sehr interessant ist z.B. der Becker Carbon Sattel, der aus der Schale heraus die hochfrequenten Stöße absorbiert, ohne dass das Gewicht oder Stabilität kostet:

Thumb_Becker-carbon-saddle-04.jpg


Leider zu teuer.

Die gespannten klassischen Ledersattel folgen ja auch der klassischen Form und dem "Hängematten" Konzept. Und erlauben gewisse Anpassung des Materials an die Popoform. Für sehr lange Touren hat sich das sehr bewährt. Das ist aber etwas schwerer und nach meinen Erfahrungen lohnt sich das nicht im "Normalbetrieb", vor allem auch, weil solche Sättel witterungsempfindlich und klaugefährdet sind. Wer sein Rad immer mit rein nimmt hat beide Sorgen natürlich nicht.
 
Pibach schrieb:
......
Klassisch, bewährt und sehr verbreitet ist ansonsten diese Form "Selle Royal Flite":

900-900-selle-italia-flite-calssic.jpg


Mit Vanox oder Titan-Rails.
Der hat noch eine Nose, das sorgt für etwas Kontrolle im Wiegetritt und lässt sich gut über die Schulter hängen zum tragen.
Das ist mal wieder ein typischer "Pibach" (der eingesprungene oder rückwärts gerollte :D ).
Da wird, ohne auch nur die besonderen Umstände der Thread-Eröffnerin wenigstens Ansatz-weise zu berücksichtigen, etwas gebracht, von dem @Pibach überzeugt ist, besser gesagt, sich selbst überredet hat.
Tatsache ist, daß er das angesprochene Teil nicht in seinem Gebrauch hat.
Selbst, wenn er es innerhalb seiner Randbedingungen benutzen würde, und er wäre damit zufrieden, hieße auch das noch lange nicht, daß er (der Sattel) zu den Einsatzbedingungen der TE mit gleichem guten Resultat benutzbar wäre.
Es ist geradezu das Markenzeichen von @Pibach, daß er in seiner bekannt großzügigen Art, alle besonderern Randbedingungen Anderer mit ein paar Federstrichen beiseite schiebt.
An dieser Ich-Bezogenheit sollte er mal etwas arbeiten; zum Positiven (= Abbau) natürlich :roll:
Konkret: Den selle-italia-flite-calssic-Sattel hat er irgendwo im Netz ergoogelt und positive Kommentare und vielleicht das Bild, aber sicher auch das geringe Gewicht (bei erschwinglichem Preis ca 69 €), haben diesen Sattel in seinen Fokus gelenkt, und er meint nun, hier in diesem Faden eine Empfehlung geben zu müssen. Da liegt er völlig daneben. :x
Ich hab diesen Sattel nämlich an meinem Fitness-Rad in Gebrauch und bin sehr zufrieden mit ihm. Es gibt aber einen Knackpunkt, warum ich ihn, jemandem, der seinen Fahrtrecken-Radius erweitern möchte, nicht empfehle (aber ganz strikte nicht !): Er hat zwar eine leicht nachgiebige Schale mit einer Schaum-Polsterung (Eine Polsterung ist keine Federung !), die im Vergleich zu der Schaum-Polsterung meiner anderen Sättel (Alle Velo Ergo Pro Cromo) viel härter ist. Der Unterschied ist so groß, daß ich nach der Winterpause den Selle-Italia wegen starken Gewöhnungs-Schmerzen nicht einsetze. Erst wenn ich etwa 600 [km] mit den Velo-Sätteln zurückgelegt habe, verwende ich den Selle-Italia (Dann ohne Probleme !).
Natürlich sage ich ergänzend, daß ich weder eine gepolsterte Hose oder Unterhose benutze.
So viel zum Unterschied zu Empfehlungen aus der täglichen Googelei und aus der Praxis.

MfG EmilEmil
 
Den Flite (mit Ti Rails) hatte ich an meinem Rennrad.

Ging hier aber eher um die klassische Form und Bezug zu dem Sitzhöckerabstand und das was ambitionierte Radler fahren - nicht irgendeine Empfehlung.
 
Pibach schrieb:
Also das, was sich in den 80er bereits vielfach bewährt hat. Damals war wohl der Selle Royal Turbo 1980 der meistgefahrene Sattel bei den Radprofis:

selleitalia_turbo_09.jpg


An dieser Form lässt sich imho auch nicht relevant was verbessern und die ganzen Ideen mit Stufen, Höckern, Kerben usw. halte ich für Marketinggeklapper. Die Firmen werfen dabei gezielt Desinformation ("Werbung") in den Markt, um die Verkaufszahlen zu steigern.

Den Turbo bin ich in den 80ern lange gefahren, das war damals in der Tat einer der besseren Rennradsättel. Mit dem Teil bin ich damals auch Touren von 200+ km/Tag gefahren. Aber: "Besser" war der, weil er oben eher flach und hinten etwas breiter war als die meisten Konkurrenten, die oben oft eher halbrund waren, insbesondere die seinerzeit beliebten Wildledersättel von Selle Italia. Die langen Touren mit dem Turbo gingen mit hirschledergepolsterter Radhose und trotzdem sehr ordentlich Hinternweh. Kein Vergleich mit z.B. den sofabequemen Selle Anatomicas heute. Der Turbo kostete damals btw. ca. 40 DM AFAIR - über Ergonomie hat sich aber damals keiner Gedanken gemacht oder das zumindest nicht kommuniziert AFAIR. Dramatisch gut war der Turbo nicht aus heutiger Sicht - er hatte aber für die damalige Zeit ein sehr gutes Marketing.

Pibach schrieb:
Die gespannten klassischen Ledersattel folgen ja auch der klassischen Form und dem "Hängematten" Konzept. Und erlauben gewisse Anpassung des Materials an die Popoform. Für sehr lange Touren hat sich das sehr bewährt. Das ist aber etwas schwerer und nach meinen Erfahrungen lohnt sich das nicht im "Normalbetrieb", vor allem auch, weil solche Sättel witterungsempfindlich und klaugefährdet sind. Wer sein Rad immer mit rein nimmt hat beide Sorgen natürlich nicht.

Der Selle Anatomica hat das Witterungsproblem nicht und bei Empfindlicheren hat sich die Plastiktütenmethode inzwischen einige Jahrzehnte bewährt. Wer nur so kurze Strecken fährt oder so selten, dass der Schmerz erträglich ist braucht sich die Gedanken nicht zwingend machen - Spass macht das aber nicht. Den Unterschied bei einem brauchbaren Sattel merkt man sofort - die Frage ist nur, ob man soweit überhaupt kommt und was einem das wert ist...
 
Ich hatte das ja schon gepostet. Es gibt nicht "den Sattel" für alle Menschen und alle Radtypen.

Ich selbst hab mich mal auf der Bremer Radmesse vor Jahren von SQ Lab ausgiebig "vermessen" lassen (hatten die da als kostefreies Angebot) und bin tatsächlich - sehr viel später - aufgrund dieser Angaben auch mit einem SQ Lab Sattel (Typ 602) "glücklich" geworden. Seitdem hab ich den an 3 Rädern. Ich komme aber auch mit einem Selle Royal Wave bestens zurecht. Den hab ich aus einer Ausverkaufskiste "gezogen" und Glück gehabt, dass er mir prima passt. Vom Fahren her war der Brooks Champion B 66 S der beste Sattel, den ich je für lange Touren hatte - wenn er nur nicht ständig abgefärbt hätte. Das hat sich auch nach Jahren nicht gegeben. Bei einem braunen Sattel ist das nicht gut für Alltagsklamotten - das führt zu allerlei merkwürdigen Gerüchten :lol:
 
@Motte
"Vom Fahren her war der Brooks Champion B 66 S der beste Sattel, den ich je für lange Touren hatte - wenn er nur nicht ständig abgefärbt hätte. Das hat sich auch nach Jahren nicht gegeben."

Jemand - wenn nicht Du - hat den Sattel auf der Oberseite gefettet, dann färbt er ab und das dauerhaft.
Ich fahre seit fast 50 Jahren an nahezu allen Rädern Brooks Sättel, von denen färbt keiner ab.

Gruß TIL
 
Jemand - wenn nicht Du - hat den Sattel auf der Oberseite gefettet, dann färbt er ab und das dauerhaft.

Dann sollte jemand mal Brooks davon abhalten genau das zu empfehlen.

http://www.brooksengland.com/getting-in-touch/faqs/saddle_maintenance/
 
Motte schrieb:
Jemand - wenn nicht Du - hat den Sattel auf der Oberseite gefettet, dann färbt er ab und das dauerhaft.

Dann sollte jemand mal Brooks davon abhalten genau das zu empfehlen.

http://www.brooksengland.com/getting-in-touch/faqs/saddle_maintenance/

Schon interessant - das ist immer noch so ein Voodoocult um die richtige Behandlung der Brookssättel. Meine habe ich im Neuzustand mit (recht reichlich) Proofride von unten gefettet und dann mit der Backofenmethode behandelt (zwecks Verkürzen der "BreakIn"-Phase) - mit bestem Erfolg. Seitdem kein/kaum Nachfetten erforderlich und Fett von oben haben sie nie gesehen. Also ziemlich genau das Gegenteil von dem was Brooks unter dem Link als empfehlenswert beschreibt. Meine Sättel sind aber auch noch keine 25 Jahre alt, ob das auf lange Sicht lebensdauerverkürzend ist kann ich daher nicht sagen (mir aber auch nicht wirklich vorstellen).
Andere nutzen erfolgreich andere Methoden - da scheinen mal wieder mehrere Wege nach Rom zu führen. Abfärben gibt es scheint's nur bei Fetten von oben und man liest recht häufig davon - evtl. ist das (nebem dem Einsatz ungeeigneten Fetts) eine Frage der Dosierung: Viel hilft da sicher nicht viel und was viel zu wenig erscheint ist evtl. gerade richtig. Die Schmerzperiode bei einem neuen Brooks verleitet da mit tränenverschleiertem Blick möglicherweise zu einem zu frühen Applizieren und deutlich zu grosszügigem Umgang mit dem Pflegemittel in der Hoffnung auf Linderung der Pein... ;)
Wenn jegliches Fetten von oben zwingend zu angebräunten Hosenböden führen würde kann ich mir nicht vorstellen, dass Brooks das in ihrer doch schon etwas längeren Firmengeschichte nicht schon irgendwann aufgefallen wäre und zu einer Korrektur der Pflegempfehlung geführt hätte. ;) Ich mach es sicherheitshalber trotzdem nicht...
 
Aus der Erinnerung heraus hab ich den so um 1988 gekauft. Für meine damaligen Vermögensverhältnisse als Student war der schweineteuer. Ich bin mir sicher, dass ich mich da tunlichst an die Pflegeanweisung gehalten habe. Die Farbe Honig war da eher selten. Wer mit dunkler Radhose fährt, dem kann das egal sein. Möglicherweise färbt auch nicht jeder honigfarbene Sattel gleich ab. 2007 hab ich ihn mit dem Rad verkauft, an dem er zuletzt montiert war. Die "Plastik" Sättel sind immer besser geworden und sie sind m.E. im täglichen Allwettereinsatz praktischer. Bei Radreisen oder sehr langen Touren spielen die Ledersättel ihre Vorzüge aus. Nur macht "man" (außer Reimund ;) ) das ja nur selten. Ist aber alles Geschmacksache.
 
@ Motte
" Die "Plastik" Sättel sind immer besser geworden und sie sind m.E. im täglichen Allwettereinsatz praktischer. Bei Radreisen oder sehr langen Touren spielen die Ledersättel ihre Vorzüge aus."

Ich sitze gerne immer sehr gut, ob nun Langstrecke oder nicht. Völlig klar, der Ledersattel braucht mehr Pflege und bei Regen, wenn das Rad ohne Fahrer naß wird, ein Tütchen.. Ich kaufe meine Sättel alle gebraucht, vornehmlich von den Vorbesitzern, die damit nicht klar kommen. Einmal hatte ich Pech und einen erwischt, der auch aus falscher Fürsorge von oben gefettet war, dieser war nicht zu gebrauchen. Ich habe ihn nahezu 2 Jahre auf der Heizung liegen gehabt - nun kann ich ihn fahren.. ..aber auch nur mit dunkler Radhose.
Ich bekomme fast jeden Sattel in kurzer Zeit "weich", so daß ich ihn nutzen kann, einreiten muß ich da nichts..

Es ist allerdings ein Unterschied, ob man einen alten Brooks übernimmt, der schon jahrelang in heftiger Benutzung war und auf die rectale Geometrie des Vorbesitzers eingesessen ist, oder ob es ein "altes Möhrchen" ist, das wenig oder unbenutzt in der (trockenen) Ecke sein Dasein fristen mußte. Das kann trocken oder hart sein, wie es will - man bekommt es wieder hin. Mit dem Eingesessenen hat man eher Probleme, das paßt dann manchmal nicht mehr.

Gruß TIL
 
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